Ansprache am Ehrenmal
im Rahmen des Fackelumzuges beim Friedeburger Schützenfest am 23.08.2024
Liebe Mitglieder des Schützenvereins und der Freiwilligen Feuerwehr! Liebe Friedeburger! Liebe Gäste!
im Rahmen des Fackelumzuges beim Friedeburger Schützenfest am 23.08.2024
Liebe Mitglieder des Schützenvereins und der Freiwilligen Feuerwehr! Liebe Friedeburger! Liebe Gäste!
Am ersten Abend des Schützenfestes macht der Fackelumzug Halt am Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Wir gedenken der Männer aus Friedeburg, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg ihr Leben als Soldaten verloren haben. Wir erinnern uns aber genauso an die vielen Millionen Menschen, die dem Unrechtsregime der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind. – Je länger die Schrecken der beiden Weltkriege und die nationalsozialistischen Verbrechen zurückliegen, umso wichtiger wird die Erinnerung. Das große Unrecht, das im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgegangen ist, verpflichtet uns – nicht nur zu einer bleibenden Erinnerung, sondern auch dazu, dass wir uns in der Gegenwart für Frieden und Verständigung einsetzen.
Doch sind das mehr als einfach nur schön klingende, aber trotzdem leere Worte?! Viel zu oft wiederholt, aber viel zu wenig mit Inhalt und Leben gefüllt?! – Wie können wir uns also in der Gegenwart für Frieden und Verständigung einsetzen? Auf die großen Probleme und Kriege haben wir schließlich keinen Einfluss. Wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird, müssen wir ebenso abwarten wie die Frage, ob und wann endlich die blutigen Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen zu Ende sind. Aber es gibt eben nicht nur die großen politischen Konflikte, die oft mit Waffengewalt geführt werden, sondern auch die vielen kleinen Konflikte im Alltag, die meistens (zum Glück) nur mit Worten ausgefochten werden. Und nicht zuletzt gibt es den täglichen Kampf der Meinungen um die Deutungshoheit. In der Zeitung, im Radio, im Fernsehen, aber vor allem im Internet und den sozialen Medien dreht sich jeden Tag alles um Fragen wie: Wer generiert mit seinen Posts am meisten Reichweite? Wer kann sich mit seiner Sicht der Dinge am besten durchsetzen? Dabei scheint mittlerweile jedes Mittel recht. Viele schrecken nicht mehr vor Hassrede oder bewusst verbreiteten Fake-News zurück. Und sogar eine in der Vergangenheit solide Tageszeitung wie der Harlinger wird inzwischen aus der Zentrale in Oldenburg angehalten, ihre Artikel „reißerischer“ zu formulieren.
In der gleichen Tageszeitung wurde gestern unsere niedersächsische Innenministerin Daniela Behrends zitiert. Anlässlich eines Symposiums des Verfassungsschutzes nahm sie Stellung zum Thema „Falschinformation“. Sie sagte: Desinformation wirke sich nicht nur demokratieschädigend aus, sondern sei geradezu demokratiezersetzend. Jede und jeder Einzelne solle deshalb einen Beitrag dazu leisten, um Fake News aktiv entgegenzutreten. Indem wir nämlich Falschbehauptungen in sozialen Medien oder im privaten Umfeld aufdecken und ihnen widersprechen.
Wahrheit ist übrigens im biblischen Denken in erster Linie keine Sach-, sondern vor allem eine Beziehungsfrage! Das bedeutet: Wahrheit entscheidet sich nicht einfach daran, ob eine Aussage sachlich richtig ist oder nicht. Sondern eine wahre Aussage zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass sie aufrichtig, fair, verlässlich, hilfreich und gut ist. Wahrheit umfasst nach dem Zeugnis der Bibel Fakten und Menschen. Das bedeutet: Nicht nur das, was wir sagen, soll zutreffend sein. Sondern vielmehr: Wir sollen insgesamt wahrhaftige und vertrauenswürdige Personen sein, auf die andere sich verlassen können. Was wir sagen und tun, soll das gegenseitige Vertrauen stärken und das Miteinander fördern.
Das heißt zum Beispiel für alle, die in Politik und Gesellschaft Verantwortung tragen: Sie sollten sich nicht länger hinter leeren Floskeln verstecken, sondern die Probleme offen und ehrlich beim Namen nennen. Und nur das versprechen, was sie auch tatsächlich halten können. Aber bevor wir zu schnell mit dem Finger auf andere zeigen, auch wir selbst sind gefragt, Du und ich. Anfang des Jahres sind an vielen Orten tausende von Menschen auf die Straße gegangen, um für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu demonstrieren. Das ist gut, richtig und wichtig. Aber der Einsatz für ein gutes, freiheitliches Miteinander beginnt schon viel früher und viel persönlicher – bei der Frage: Wie ist eigentlich mein und Dein Umgangston miteinander? Sind wir Menschen, auf deren Worte andere sich verlassen können? Und sind unsere Worte gut und hilfreich für das Miteinander in unserem Ort oder in unserem Land?
Bevor Du also heute Abend beim Schützenfest den Mund aufmachst – oder das nächste Mal in den sozialen Medien etwas postest, solltest Du Dich fragen: Ist das, was ich sagen möchte, nicht nur sachlich richtig, sondern gleichzeitig auch verlässlich, fair, aufrichtig, gut und hilfreich?
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.